Keine Erde in Reserve

Keine Erde in Reserve


Unser Umgang mit knapper werdenden Ressourcen

Ausstellungskonzeption und Fotos - Michael Funcke-Bartz

Hintergrund

Beispiele

Folgen


Jeder Mensch auf der Welt hat das Recht, Ressourcen in Anspruch zu nehmen, solange sie nicht übernutzt werden. Auf die globale Bevölkerung hochgerechnet, bräuchte der deutsche Lebensstil die Landfläche von drei Erden. Dies bedeutet, dass in Deutschland die Natur dreimal so schnell genutzt wird wie sich Ökosysteme regenerieren können. 


Weltweit mehr Menschen bedeuten mehr Infrastruktur, mehr Konsum und mehr Rohstoff- und Ressourcenverbrauch. Mit zunehmender Verknappung erhöhen sich die wirtschaftlichen Kosten der Ausbeutung wichtiger Metalle sowie Energieträger, aber auch Umweltschäden und negative soziale Folgen nehmen massiv zu. Der Druck auf wichtige Ökosysteme wie Regenwälder verstärkt den globalen Klimawandel, der wiederum das Interesse am Abbau von Bodenschätzen in sensiblen Regionen wie der Arktis befördert. Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf Tendenzen und Risiken bei nicht erneuerbaren mineralischen Ressourcen. Das Spektrum reicht dabei von Massemetallen wie Kupfer bis hin zu den sog. Seltenen Erden und der Bedeutung von Sekundärrohstoffen.


In jedem Produkt steckt eine Vielzahl von Rohstoffen, Energieaufwand für deren Förderung, Transport und Verarbeitung sowie damit verbundene Umweltschäden. Vielfach sind diese Prozesse auch mit erheblichen Gesundheitsrisiken und gefährlichen Arbeitsbedingungen verbunden. Eine ressourcen- und klimaschonende Kreislaufwirtschaft setzt daher schon bei der Vermeidung von Ressourcenverbrauch an. Es reicht nicht, Produkte am Nutzungsende zu recyceln: Dabei gehen viele Wertstoffe verloren und das Recyclingmaterial erreicht in vielen Fällen nicht die Qualität des ursprünglich eingesetzten Rohstoffs (Downcycling).


Zum INFOPOOL...

„Die umweltpolitische Debatte wird in Zukunft mehr und mehr  durch den Leitbegriff der ökologischen Grenzen bestimmt werden: In einer begrenzten Welt kann es keine unbegrenzte Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen geben. Nachhaltiges  Wirtschaften erfordert eine Entkopplung von Wohlfahrt und Ressourcennutzung...“
Sachverständigenrat für Umweltfragen: Verantwortung in einer begrenzten Welt, Umweltgutachten 2012

„Die globale Ressourcennutzung hat eine Entwicklung
genommen, die nicht dauerhaft fortgsetzt werden kann, ohne die Perspektiven zukünftiger Generationen auf wirtschaft-lichen Wohlstand und sozialen Zusammenhalt zu beeinträchtigen. Schon jetzt übersteigt die Nutzung von natürlichen Ressourcen die Regenerationsfähigkeit der Erde deutlich.“

Deutsches Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess): Programm zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz der natürlichen Ressourcen, 2012


Deutsches Ressourceneffizienzprogramm ProgRess

Der weltweite Rohstoffhunger führt dazu, dass der Bergbau immer weiter in sensible Ökosysteme wie z.B. die tropischen Regenwälder vorstößt. Allein in Brasilien sind für die Aluminiumindustrie im Amazonasgebiet riesige Stauseen für die Stromerzeugung gebaut worden. Derartige Eingriffe gefährden die Biodiversität und wichtige Ökosystemleistungen, welche die Wälder z.B. als Speicher und Senke von Kohlenstoff erbringen. Auch führen diese zu sozialen Problemen bei der indigenen Bevölkerung.  Auf der Suche nach neuen Vorkommen für Seltene Erden gerät auch immer mehr die Arktis ins Blickfeld und dort insbesondere Grönland.

Gebäude, Straßen, Brücken, Leitungssysteme, Fahrzeuge, Computer, selbst alte Mülldeponien – sie alle stellen vom Menschen angelegte Rohstofflager dar, in denen mineralische Ressourcen gebunden sind. Diese nach Ende der Nutzungs-dauer möglichst umfassend wiederzuverwerten und Abfälle so weit wie möglich zu vermeiden, ist Ziel der Kreislaufwirt-schaft. Allein in Deutschland werden von den durchschnittlich im Jahr anfallenden rund 192 Millionen Tonnen Bau- und Abbruchabfällen ca. 90 % im Stoffkreislauf gehalten und einer umweltverträglichen Verwertung zugeführt. „Urban Mining“ leistet damit einen Beitrag, den Zugang zu wichtigen Ressourcen zu sichern und gleichzeitig nicht erneuerbare Rohstoffe zu schonen.

Ohne Sand und Kies kein Beton für Gebäude und Infrastruktur. In jedem Computer, Smartphone
oder Auto stecken Mikrochips. Für diese wird extrem reines Siliziumoxyd benötigt, das mit hohem Energieaufwand aus Sand gewonnen wird. Sand ist jedoch nicht gleich Sand. Vom Wind gerundeter Wüstensand eignet sich z.B. schlecht als Baumaterial. Besonders gefragt ist Quarzsand, auch für Fracking. Dabei wird mit Sand und Chemikalien vermischtes Wasser in tiefe Gesteinsschichten gepresst, um Gas zu fördern. Die Umweltrisiken sind jedoch hoch. Auch der Abbau von Sand und Kies verursacht Konflikte mit dem Natur- und Artenschutz.

Kupfer besitzt eine hervorragende Leitfähigkeit für Elektrizität und Wärme. Im Sanitärbereich ist seine biostatische Wirkung von Vorteil, die der Bakterienbildung in Wasserleitungen vorbeugt. Kupfer ist daher weltweit stark nachgefragt - Tendenz  steigend.  Allerdings enthält das Gestein in den Kupferminen immer weniger Erz. Betrug der Erzanteil zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch 4 %, so liegt er inzwischen nur noch zwischen 0,2 und 0,5 %. Dies bedeutet, dass bei einer Tonne Kupfer fast 100 Tonnen Abraum entstehen. Auch wird immer mehr Wasser und Energie benötigt, um Kupfererz aus dem Gestein zu lösen. Die Kupferproduktion aus Altmetall erfordert weniger als ein Drittel der Energie, die bei der Erzgewinnung eingesetzt werden muss.

Ein Auto enthält rund 50 Kilogramm Kupfer, überwiegend in Form von Elektrokabeln. Würde hierfür Kupfererz genutzt, so müsste bei einem durchschnitt-lichen Erzgehalt von 0,5 % eine Tonne Gestein verarbeitet werden. Alleine die in hunderttausenden Schubladen liegenden Netzteile von Notebooks und Handy-Ladegeräten bilden daher eine urbane Mine der besonderen Art.

Ein Auto bestand im Jahr 2000 durchschnittlich aus 55 % Stahl, 15 % Kunststoff, 14 % Elastoplaste, 10 % Aluminium und zu 6 % aus anderen nicht rostenden Metallen. Katalysatoren enthalten seltene Platinmetalle wie Ruthenium, Rhodium, Palladium, Osmium, die weltweit nur in wenigen Ländern gewonnen werden. Bei einer Recyclingrate von etwa 44 % ist Stahlschrott inzwischen in Deutschland der wichtigste Rohstoff in der Stahlherstellung geworden: Für eine Tonne Stahl können bis zu etwa 560 Kilogramm Schrott eingesetzt werden. Jede Tonne Stahlschrott ersetzt 1,5 Tonnen Erz, spart  0,5 Tonnen Brennstoffe wie Kohle, Koks und Schweröl und damit 60 bis 74 % der Energie, die bei der Stahlerzeugung aus Roherz benötigt wird.

Ausgangsmaterial für Aluminium ist Bauxit, das zu 80 % im Tagebau gewonnen wird. Um Aluminiumoxid zu erhalten, wird Bauxit mit Natronlauge vermischt und unter hohem Druck bei Temperaturen zwischen 100 und 320 °C gerührt. Pro Tonne Aluminiumoxid fällt die doppelte bis vierfache Menge an ätzendem und giftigem Rotschlamm an, der meist in offene Absetzbecken geleitet wird und deponiert werden muss. Das Aluminiumoxid wird dann über einen elektrolytischen Schmelzprozess in flüssiges Aluminium und Sauerstoff zerlegt. Um aus zwei Tonnen Aluminiumoxid eine Tonne reines Aluminium zu gewinnen, wird etwa die Strommenge benötigt, die vier Durchschnittshaushalte in Deutschland im Jahr verbrauchen - beim Recycling von Aluminium kann bis zu 95 % der Energie eingespart werden. Mit über 40 % ist der Verkehrssektor mit der Automobilindustrie der wichtigste Abnehmer in Deutschland.

Drittwichtigster Abnehmer für Aluminium ist in Deutschland die Verpackungsindustrie: Jährlich werden mehr als eine Milliarde Getränkedosen verkauft, die über das Pfandsystem eine hohe Rücklaufquote erzielen. Auch Getränkepackungen enthalten Aluminium, als dünne Folie im Verbund mit Karton und Kunststoff. Sie sind über die Gelbe Tonne einer stofflichen Verwertung zuzuführen. Global gesehen, werden jedoch große Mengen an Aluminium über den Hausmüll entsorgt und gehen damit der Wiederverwertung verloren. Dies gilt auch z.B. für die Ummantelung von Teelichtern und die rapide ansteigende Zahl der Einweg-Kaffeekapseln. 2016 wurden allein in Deutschland 3,1 Milliarden Kaffee-Kapseln verbraucht. Hierfür wurden ca. 31.000 Tonnen Neu-Aluminium benötigt, bei dessen Herstellung 25.000 Tonnen CO2 freiwurden.

Altbatterien können giftige Schwermetalle wie Quecksilber, Cadmium und Blei enthalten. Um Mensch und Umwelt zu schützen und Wertstoffe in hohem Maße wiederzugewinnen, müssen sie getrennt vom unsortierten Siedlungsabfall gesammelt und recycelt werden. Im Jahr 2020 ging die Sammelmenge an Gerätebatterien um 1.282 Tonnen bzw. 4,6 % gegenüber 2019 zurück. Zuviele Batterien werden noch immer mit dem Hausmüll entsorgt oder verbleiben im Bestand. Mehr Informationen zum Thema:

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)

sowie Umweltbundesamt: Batterien und Akkus richtig nutzen und entsorgen

Elektronische Bauteile werden inzwischen in immer mehr Spielzeug, Kleidung und Möbeln eingesetzt. Diese enthalten vielfach für die Umwelt gefährliche Stoffe wie Schwermetalle und müssen daher als Sondermüll behandelt werden. Bei der Entsorgung gehen wichtige Rohstoffe verloren, weil die verwendeten Mengen für ein wirkungsvolles Recycling schwer zugänglich oder zu
gering sind. In Zeiten knapper und teurer werdender Rohstoffe ist es sinnvoll, diese für wichtige Zukunfts-technologien einzusetzen und ein hochwertiges Recycling sicherzustellen.

Mobiltelefone bestehen zu etwa 60 % aus Plastik und 15 % Keramik. Etwa ein Viertel des Gewichts ohne Batterie machen unterschiedliche Metalle aus wie Kupfer, Eisen, Nickel, Silber, Zink sowie geringe Anteile von Gold, Blei, Mangan, Palladium, Platin und Zinn. In Deutschland werden Mobiltelefone durchschnittlich etwa eineinhalb Jahre genutzt, weniger als ein Drittel wird davon recycelt. Der reine Rohstoffwert liegt zwar bei nur etwa 1 Euro – die Menge ist jedoch entscheidend: In Deutschland wurde für 2012 die Zahl der „Schubladenhandys“ auf ca. 85 Millionen geschätzt. Dies entspricht ca. 745 Tonnen Kupfer, 325 Tonnen Kobalt, 22 Tonnen Silber, 2 Tonnen Gold und 700 Kilogramm Palladium im Gesamtwert von rund 136 Millionen Euro.
Umweltbundesamt: Smartphones und Tablets nachhaltig nutzen

Weltweit stieg allein die Produktion von CDs von 20 Millionen Stück 1983 bis auf 11 Milliarden im Jahr 2000. Eine CD besteht überwiegend aus dem Kunststoff Polycarbonat und ist einseitig mit einer Metallschicht bedampft, die meist aus Aluminium besteht und mit einer Lack Schutzschicht versehen ist. Bisher wird nur etwa 1 % der CD-Jahresproduktion recycelt. Für die Herstellung einer CD werden etwa 30 Gramm Erdöl benötigt. Recyceltes Polycarbonat wird z.B. für Produkte der Medizintechnik, Automobil- und Haushalts-warenindustrie eingesetzt.

Prozessoren sind das Herz jedes Computers. Sie enthalten den konzentriertesten Gehalt an Edelmetallen, zum Beispiel in den vergoldeten Kontakten. Außer Gold lassen sich aus Prozessoren Silber, Palladium und Kupfer in geringen Konzentrationen recyceln. Mit der Entwicklung der Computer- und Fertigungstechnik konnten die Schichtdicken bei Elektronikkontakten und Platinen reduziert werden, so dass die Recyclingwerte zwischen den verschiedenen Geräte-generationen stark variieren. Je kleiner und komplexer die Bauteile werden, umso schwieriger ist es, die darin enthaltenen Wertmetalle zurückzugewinnen.

Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren enthalten neben Leuchtstoffpulver auch geringe Mengen an Quecksilber und Seltene Erden wie Lanthan, Europium, Terbium und Yttrium. Die ausgedienten Leuchtmittel werden in Deutschland seit dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz von 2005 über gewerbliche Sammelstellen und Entsorger kostenlos einer ordnungsgemäßen Verwertung zugeführt. Dabei werden Leuchtstofflampen entgast, zerkleinert, gewaschen und für eine stoffliche Wiederverwertung getrennt. Das Natron-Kalk-Glas dient der Herstellung neuer Lampen. Leuchtdioden (LED) haben neben dem geringeren Energieverbrauch den Vorteil, dass sie kein Quecksilber enthalten.

Die technologische Entwicklung hat sich beschleunigt. Neue Produkte sind aber nicht haltbarer geworden oder so konzipiert, dass sie leicht repariert werden können. Es drängt sich im Gegenteil der Eindruck auf, dass geplanter Verschleiß mit im Spiel ist, der zum Neukauf zwingen soll. Ressourceneffizienz erfordert, dass Bauteile einzeln austauschbar sind und am Ende ihrer Nutzungsdauer leicht aufbereitet werden können. Sinnvoll sind für Innovationen offene Langzeitprodukte, deren materialintensive Teile möglichst lange halten, da sie kaum Neuerungen unterliegen. Andere Bauteile können dann leicht an den technischen Fortschritt angepasst werden.

Recht auf Reparatur: Warum sind EU-Rechtsvorschriften wichtig? Europäisches Parlament

Aufgebrauchte, nicht erneuerbare Ressourcen stehen künftigen Generationen nicht mehr zur Verfügung. Die nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung von 2008 bekennt sich daher zum Prinzip, dass jeder Mensch das gleiche Recht hat, Ressourcen in Anspruch zu nehmen, solange sie nicht übernutzt werden. Würde die gesamte Weltbevölkerung den Ressourcenverbrauch von Industrieländern haben, so würden heute bereits eineinhalb Erden benötigt. Im Sinne einer globalen Verteilungsgerechtigkeit kommt der Sachverständigenrat für Umweltfragen zu dem Schluss, dass Industrieländer die Nutzung ökologischer Ressourcen langfristig auf ein Maß reduzieren müssen, das global verallgemeinerbar ist.

Sachverständigenrat für Umweltfragen: Verantwortung in einer begrenzten Welt, Umweltgutachten 2012

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