Leben vom Schrott der Anderen

Leben vom Schrott der Anderen: "Agbogbloshie" revisited


Der Schrottplatz in Old Fadama in Ghanas Hauptstadt Accra ist international als "Agbogbloshie" bekannt und weltweit zu einem Synonym für die umwelt- und gesundheitsgefährdende Verwertung von Elektroschrott geworden. Tatsächlich ist er jedoch weit mehr: Ein komplexes Netzwerk von Menschen, die durch Ersatzteilverkauf, Sammlung, Reparatur sowie Demontage von Altgeräten und -fahrzeugen bis hin zu Upcycling Aktivitäten ihren Lebensunterhalt bestreiten.


Die Versorgung mit Getränken, Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs übernehmen ambulante Händlerinnen und Händler sowie eine wachsende Anzahl an Läden und Garküchen. Gegen Eintritt bieten „Sportbars“ Übertragungen der englischen Fußballliga oder Computer Videospiele. Selbst Geldüberweisungen per Handy sind auf dem Schrottplatz möglich.


In Ländern wie Ghana ist die Abfall- und Recyclingwirtschaft nur schwach entwickelt. Für die ordnungsgemäße Entsorgung problematischer Abfälle stehen kaum Kapazitäten zur Verfügung. So kommt es, dass nicht mehr funktionierende Elektroaltgeräte im informellen Sektor auf unsachgemäße Weise zerlegt werden, um werthaltige Komponenten zu entnehmen.


Als wertlos angesehene Materialien werden verbrannt oder anderweitig in die Umwelt entsorgt. Hierzu zählen z.B. Isolierschäume aus Kühl-und Gefriergeräten und Bildröhren alter Fernseher. Um Kupfer, Eisen und Aluminium zu gewinnen, werden die Ummantelungen von Kabeln abgebrannt. Isolierschäume dienen dabei als Brandbeschleuniger.


Zusätzliche Belastungen für die Umwelt und die Gesundheit von Menschen und Tieren gehen von einer Müllkippe aus, die an den Schrottplatz anschließt und zum Teil auf sumpfigen Untergrund liegt. Was ursprünglich von der Stadtverwaltung als Zwischenlager für Haus- und Marktabfälle gedacht war, droht auf Dauer angelegt zu sein.


Auch Upcycling Aktivitäten sind auf dem Schrottplatz anzutreffen. So werden beispielsweise Kochherde aus Seitenteilen von Kühlschränken gefertigt, Messingstangen aus WC-Spülkästen werden zu Schmuck Armreifen verarbeitet. In einer Gießerei werden aus Aluminiumschrott große Kochtöpfe gegossen, ein anderer Betrieb verarbeitet Getränkedosen zu Aluminiumbarren. Auch ein Gold- und Silberschmied hat seine Werkstatt dorthin verlegt.


Siehe auch zum gleichen Thema Ausstellung "Discovering Agbogbloshie" im Rahmen der re:publica 2018 Konferenz in Accra/Ghana.

Share by: